DREIFALTIGKEIT

Paulus sagt: „Er (Jesus) hat uns die Tür zu diesem neuen Leben mit Gott geöffnet“. Im Alten Testament erfahren wir unendlich viel über Gott. Aber Jesus hat uns noch mehr und tiefer mit Gott vertraut gemacht. „Vertraut machen“ braucht Zeit. Deswegen sagt Jesus auch zu seinen Freunden: „Ich hätte euch noch viel mehr zu sagen, aber das würde euch jetzt überfordern“. Das heißt: Nach Jesus wird Gott weiter wirken. Er wird euch „Schritt für Schritt in die ganze Wahrheit einführen“.

Jahrhunderte lang haben Menschen ihre Erfahrungen mit Gott gemacht. Sie haben immer wieder über ihn nachgedacht und haben versucht in Worten auszudrücken, was Gott für sie und für ihr Leben bedeutet.

Vor 1700 Jahren, in 325, haben Bischöfe und Theologen im Konzil von Nizäa (in der heutigen Türkei) und dann noch einmal 381 im Ersten Konzil von Konstantinopel, versucht, in der Sprache und mit den Begriffen ihrer Zeit, ihre Sicht auf Gott festzulegen. Das wurde die Lehre von der „Dreifaltigkeit“: Gott in drei Personen, Vater, Sohn, Geist. Das war ein sehr komplizierter philosophische Versuch, zu sagen: Es gibt nur ein Gott, aber in drei Personen. Andere Religionen sagten dann: Ihr glaubt an drei Götter. Der Begriff „Dreifaltigkeit“ ist also missverständlich und ist auch in unserem heutigen Denken nicht unbedingt eine glückliche Formulierung.

Aber: „Er wird euch Schritt für Schritt in die ganze Wahrheit einführen“. Wir müssen für unsere Zeit weitere Schritte machen, um uns dem tiefen Geheimnis Gottes anzunäheren. Es beginnt schon mit dem Begriff „Person“. Heute verstehen wir darunter: Ein in sich selbständiger, einzelner Mensch, mit seiner Eigenart, Freiheit, Würde, Rechten und Merkmalen. Also vollkommen selbstständig, getrennt von den anderen Personen. Das kann doch nicht auf Vater, Sohn, Hl. Geist zutreffen! Denn dann wären es tatsächlich drei Götter.

Im Altertum aber heißt Person die Maske (‚persona’) eines Theaterspielers. Die Maske stellt eine bestimmte Person da, ist das Gesicht, mit dem sich uns jemand zuwendet. Wir können also sagen: Gott zeigt uns in der Geschichte auf drei Weisens sein Gesicht (drei ‚Masken‘ Gottes). Ihn selbst sehen wir nicht. Gott kommt uns auf dreifaltiger Weise entgegen: 1. Als Schöpfer des Universums; 2. In der Menschengeschichte in der Gestalt des Mannes Jesus aus Nazareth; 3. Als Geisteskraft im Innern des Menschen. Dreifaltigkeit: nicht eine Lehre über Gottes Wesen (denn das übersteigt unser Verfassungsvermögen unendlich), sondern über die Weise, wie wir Menschen ihn erfahren können.

Deswegen glauben wir als Christen: In Jesus hat Gott uns sich selbst mitgeteilt, sich bekannt gemacht, sich als einen Gott gezeigt, der es gut mit uns meint, für uns ein endgültig gutes, gelungenes Leben will. Gott ist wie ein liebender, schöpferischer Vater. Gott liebt uns und lässt uns nicht fallen. Darauf zu vertrauen erfüllt mich mit Lebensfreude. So eine Liebe von Gott kann ich doch nur mit Gegenliebe und Dankbarkeit beantworten. Das ist der Weg, der Zugang zu Gott, den er uns durch Jesus gezeigt hat.

Aber auch nach Jesus wirkt Gott wie eine Lebenskraft in der Welt und im Innern eines Menschen weiter. Gott als Lebens- und Liebeskraft in uns.

Zusammenfassend können wir sagen: Der „Dreifaltige Gott“, Gott der sich in der Geschichte der Menschen auf dreifache Weise zu erkennen gibt und erfahrbar macht, ist der Schöpfer, der Vater aller Dinge. Er ist der faszinierende, geheimnisvolle, in seiner Größe überwältigende Schöpfer und Vater, dem wir auch unsere eigene Existenz verdanken. Er ist der Gott „über“ uns.

In Jesus von Nazareth hat Gott gesprochen und gehandelt und so gezeigt, dass er ein Gott-mit-uns ist. „Ich und Gott-Vater sind eins.“- „Wer mich sieht, sieht den Vater“, sagt Jesus.

Aber auch nach Jesus bleibt Gott aktiv. Er wirkt weiter wie eine Lebenskraft, ein Lebensatem, eine Geisteskraft in uns. Er ist nicht nur der Gott-über-und-mit, sondern auch der Gott-in-uns. Das haben wir am letzten Sonntag, am Pfingstfest gefeiert.

Das ist unsere christliche Vorstellung von dieser tiefsten, undurchschaubare und überwältigende Wirklichkeit, die wir Gott nennen, dem wir unser Vertrauen schenken können und dürfen. Zu ihm dürfen wir, laut Jesus, liebe Vater sagen. Wir dürfen ihn mit „Du“ anreden.

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